Begrüßung der Bischöfin Bosse-Huber beim ökumenischen Gebet für Belarus
Sehr geehrte Frau Tikhanovskaya,
Exzellenzen und Eminenzen, liebe Schwestern und Brüder,
Im Namen der Evangelischen Kirche in Deutschland sage ich Ihnen ein herzliches Willkommen zu unserem Gottesdienst, dem ökumenischen Gebet für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit in Belarus.
Wir sind heute hier zusammengekommen, um Kraft für die Menschen von Gott erbitten, die sich in ihrer Heimat Belarus für die Bürgerrechte einsetzen. Wir tun das in ökumenischer Gemeinschaft orthodoxer, römisch-katholischer und evangelischer Christinnen und Christen, wie dies der Vielfalt der religiösen Landschaft in Belarus entspricht und wie es für uns heute in Deutschland selbstverständlich ist bei allen Fragen, die eine gemeinsame Stimme der Kirchen erfordern.
Die Rolle der Frauen bei den Protesten habe ich von Anfang an verfolgt. In Ihrer Gewaltlosigkeit haben Sie den Demonstrationen ein eigenes Gepräge verliehen. Sie haben vor den Augen eines brutalen, zynischen und korrupten Regimes gezeigt, wie mächtig die Integrität und der Verzicht auf Gewalt sein kann. An die Arbeitsgruppe der „christlichen Vision“ im Koordinierungsrat für Belarus habe ich deshalb geschrieben, dass mich die belarussischen Frauen an das Bild der Maria erinnern, die in ihrer Gewaltlosigkeit zugleich den Menschen Schutz gewährt.
Ich freue mich, dass sich aus unserem Briefwechsel auch rasch der Gedanke ergab, zu einem ökumenischen Gebet für Belarus einzuladen. Wir haben das getan, um auf die Situation des Landes aufmerksam zu machen und um ein Zeichen der Hoffnung zu setzen. Wir wollen heute um Gottes Geist bitten, für alle, die für ihre elementaren Rechte und die Rechte ihrer Mitmenschen in Belarus viele und große persönliche Risiken eingehen und wir wollen stellvertretend für viele andere die Namen einiger Menschen vor Gott zu bringen, die Leid, Schmerz – und einige auch den Tod – erlitten wegen ihrer Proteste.
Es ehrt uns besonders, dass auch Sie, Frau Tikhanovskaya zusammen mit weiteren Vertreterinnen und Vertretern der belarussischen Opposition unserer Einladung entsprochen haben und heute nach Berlin gekommen sind und im Anschluss an den Gottesdienst zu uns sprechen werden. Ich freue mich auch, dass wir danach auch ein Wort des ehemaligen polnischen Präsidenten und Friedensnobelpreisträgers Lech Walesa hören, werden, in der er seine Unterstützung bekunden wird, die Frauen von Belarus für den nächsten Friedensnobelpreis vorzuschlagen. Ich wünsche mir sehr, dass dieses Versprechen Lech Walesas im kommenden Jahr Wirklichkeit wird.
Ich wünsche mir auch, dass es kein Zufall ist, dass wir uns an einem besonderen Jahrestag treffen. Als am 13.12.1981 in Polen das Kriegsrecht erklärt wurde, rechneten längst nicht alle Menschen damit, dass am Ende eines langen und entbehrungsreichen Kampfes der Sieg der Freiheit stehen würde. Ihnen, den Menschen aus Belarus, uns hier im Berliner Dom und allen Menschen, möge das heutige Datum vor Augen stellen, dass das Streben nach Freiheit und die Hoffnung auf Veränderung Kräfte sind, die auch die schärfste Repression nicht mehr auslöschen kann und gegen die sie am Ende machtlos bleiben muss. Uns allen wünsche ich einen gesegneten Gottesdienst.